Gesplittete Abwassergebühr
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat in einem Urteil (BVerwG 9 B 51.03) die Beschwerde der Gemeinde Untermerzbach gegen die Nichtzulassung der Revision abgewiesen. Damit wird ein Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) zur Notwendigkeit der Einführung einer gesplitteten Abwassergebühr rechtskräftig. Dieses höchstrichterliche Urteil hat weit über Bayern hinaus Bedeutung.
Für Abwassergebühren werden derzeit zwei Berechnungsmaßstäbe verwandt. Beim sogenannten Frischwassermaßstab werden die Gesamtkosten der Schmutz- und Niederschlagswasserbeseitigung nach dem Trinkwasserverbrauch berechnet. Wer viel Trinkwasser verbraucht zahlt auch hohe Abwassergebühren. Dabei spielt es keine Rolle, wie viel Regenwasser von seinem Grundstück in den Kanal geleitet wird. Allerdings ist der Kostenanteil der Regenwasserbeseitigung in den letzten Jahren durch den Bau von Regenrückhaltebecken auf eine Größenordnung von 30 % bis 50 % angestiegen.
Benachteiligt werden von dieser Berechnungsmethode Familien mit Kindern, insbesondere dann, wenn sie in Mehrfamilienhäusern wohnen. Verbrauchermärkte mit großen Verkaufs- und Parkflächen profitieren von dieser Regelung, weil ihr Trinkwasserverbrauch in Bezug zur versiegelten Fläche relativ gering ist. Mit anderen Worten, Familien mit Kindern subventionieren die Unternehmen sowie 1- bis 2-Personenhaushalte in Einfamilienhäusern, mit großen versiegelten Flächen. Die Alternative mit hoher Gebührengerechtigkeit ist dagegen die gesplittete Abwassergebühr. Dabei werden die Kosten der Schmutzwasserbeseitigung nach wie vor nach dem Trinkwasserverbrauch berechnet und die Kosten der Niederschlagswasserbeseitigung nach der versiegelten Fläche mit Kanalanschluss.
Neben der Gebührengerechtigkeit fördert die gesplittete Abwassergebühr eine naturnahe Regenwasserbewirtschaftung. Von Gebühren für versiegelte Flächen geht ein finanzieller Anreiz zur Regenwassernutzung und -rückhaltung aus sowie zur Entsiegelung von Flächen. Diese Maßnahme trägt auch zu einer Verminderung des Hochwasserrisikos bei. Deshalb fordert der BUND seit Jahren gesetzliche Regelungen mit finanziellen Anreizen zur Entsiegelung und unterstützt Bürger, die in Widerspruch- und Gerichtsverfahren versuchen, die Umstellung auf eine gesplittete Abwassergebühr zu erreichen.
Das jetzt rechtskräftige Urteil des BayVGH (Az. 23B02.1937 - W 2 K 01.997) stellt einzig und allein die Notwendigkeit der Einführung der gesplitteten Abwassergebühr auf den Kostenanteil der Niederschlagswasserbeseitigung ab. Ab einem Kostenanteil von 12 % sieht der BayVGH es als zwingend notwendig an, die gesplittete Abwassergebühr einzuführen. Damit entsteht in Widerspruch zu Gerichtsurteilen in NRW, wo man die Berechnung nach dem alleinigen Maßstab Frischwasserverbrauch auch akzeptiert, wenn die Kommune eine gleichmäßige Bebauungsstruktur aufweist.
Nach dem jetzt rechtskräftigen Urteil besteht nun die Hoffnung, dass noch mehr Bürger bereit sind, sich vor Ort für ökologisch sinnvolle Abwassergebühren einzusetzen und auf breiter Front die Kommunen die gesplittete Abwassergebühr einführen werden. Infos zur gesplitteten Abwassergebühr mit Musterwiderspruch und Kopien der Gerichtsurteile VG Aachen NRW und BayVGH können gegen Einsendung von 5,50 € in Briefmarken beim BUND Lemgo, Liebigstr. 92a, 32657 Lemgo angefordert werden.
OVG NRW bestätigt Urteil zur Notwendigkeit der Einführung der gesplitteten Abwassergebühr
Mit Datum vom 28. Juni 2004 Az. 9A 1276/02 hat das OVG Münster das Urteil der ersten Instanz - VG Arnsberg Az. 11 K 1994/00 - bestätigt. Damit muss auch in der Stadt Arnsberg die gesplittete Abwassergebühr eingeführt werden.
Das Verfahren war vom BUND Landesarbeitskreis Wasser unterstützt worden. Ansprechpartner ist zum Thema Willi Hennebrüder vom BUND Lemgo.
Für alle Interessierten stellt der BUND die beiden Urteile hier als Download zur Verfügung.