Menschen tragen eine Erdkugel

Biogas

Zum Thema Biogas übernehmen wir die Stellungnahme des BUND-Bundesverbandes, die wir nur in wenigen Punkten ergänzt haben.

Die Zahl der Biogasanlagen in Deutschland wächst. Sie sind inzwischen eine echte Einkommensalternative für Landwirte. Allerdings unterscheiden sich Art und Produktion der Biomasse sowie die Effizienz von Biogasanlagen. Grundsätzlich ist Biomasse nur begrenzt verfügbar und sollte daher gezielt für eine hocheffiziente Nutzung eingesetzt werden.


Die landwirtschaftliche Fläche in Deutschland ist begrenzt. Die Folge: Der Anbau wird intensiviert, auch ehemalige Grünland- und Brachflächen werden für Biomasseanbau – zumeist für Mais – genutzt. Der BUND setzt sich für eine naturverträgliche Biomassenutzung im Rahmen einer nachhaltigen Landwirtschaft ein.

Biogasanlage in Lemgo

Biogas-Erzeugung vorrangig aus Reststoffen

Wegen der begrenzten Fläche ist bei der Energieerzeugung aus Biomasse die Verwendung von Reststoffen aus der Landwirtschaft (z.B. Gülle) und der Landschaftspflege (z.B. Schnittgut) am sinnvollsten. Die aktuelle Förderung führt jedoch in der Praxis zu immer mehr konventionellem Maisanbau mit immer engeren Fruchtfolgen und hohem Pestizid- und Düngereinsatz, was die Gesamtenergiebilanz der Biomasse verschlechtert. 

Selbst auf Grenzertragsböden, die eher als Magerwiesen geeignet sind, wird Mais für Biogasanlagen angebaut.

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Die nachfolgenden Angaben zum Flächenverbrauch wurden von uns aus Biogaswissen, Stand Mai 2010, übernommen.

Die rund 1300 in dieser Statistik derzeit vertretenen komplett erfassten mit nachwachsenden Rohstoffen betriebenen Biogasanlagen haben in Summe eine installierte elektrische Leistung von 535 MW.

Maissilage, Grassilage, GPS und Getreide werden neben Wirtschaftsdüngern als mit Abstand wichtigste Rohstoffe eingesetzt (Tab. 1).

Die durchschnittliche Biogasanlage benötigt bei einer installierten elektrischen Leistung von 415 kW eine Fläche von ca. 190 ha zur Produktion der eingesetzten Substrate.

 

Substrat eingesetzte Menge
(tFM / Jahr)
Flächenertrag
(tFM / ha)
Flächenbedarf
(ha)
Maissilage 6.476.000 45 144.000
Grassilage    866.000 25  34.500
GPS (Roggen)    511.000 15  34.000
Getreide    228.000  7  32.000
Summe 8.081.000   245.000

Tabelle 1: Flächenbedarf der zum Anbau der zur Biogaserzeungung eingesetzten wichtigsten Substrate in 1300 deutschlandweit ausgewerteten Biogasanlagen

Hochgerechnet auf die rund  4000 derzeit in Betrieb befindlichen Nawaro-Anlagen würde das einem Flächenbedarf von 760.000 ha für eine installierte elektrische Leistung von 1.660 MW entsprechen.

Von den rund 12.000.000 ha Ackerfläche in Deutschland werden damit derzeit ca. 6 % zur Erzeugung von Strom aus Biogas verwendet.

Entwicklung von Biogas und Maisanbau in Lippe

Nach einer Studie der Landwirtschaftskammer NRW hat der Maisanbau in Lippe von 2003 auf 2011 um 300 Prozent von 1535 auf 4.548 ha zugenommen. In der Studie wird die Auffassung vertreten, dass weitere 3.415 ha für den Biomasseanbau geeignet sind. Dies würde bedeuten, dass von insgesamt 46.160 ha Ackerfläche 7.963 ha oder 17,3 % für den Biomasseanbau genutzt würden. 

Quelle: LZ vom 23. Februar 2012

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Aufgrund der Vielzahl von neuen Anträgen ist mit einer großen Erweiterung des Flächenverbrauchs und damit verbunden einer Verarmung der Landschaft durch Momokulturen zu rechnen.

Die Nutzung von Reststoffen muss daher stärker über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) belohnt werden. Dies gilt auch für den Einsatz von Gülle aus bäuerlichen Betrieben. Gülle aus Massentierhaltungsanlagen muss von der Förderung ausgeschlossen sein.

Biogas-Anlagen: Kraft-Wärme-Kopplung muss Priorität haben

Biogas ist eine gute Möglichkeit der dezentralen Energieversorgung. Die Produktion der Biomasse muss jedoch im Einklang mit der Umwelt erfolgen. Sinnvoll ist aus Sicht des BUND z.B. der Anbau verschiedener Kulturen gleichzeitig (Mischkulturen) und der Anbau von Zwischenfrüchten. Beides fördert die Artenvielfalt und verbessert gleichzeitig das Landschaftsbild. Allerdings muss dafür auch der Anreiz über eine gezielte (attraktive) Energievergütung stimmen. Durch Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) – also die Umwandlung von Biomasse in Strom und Wärme – kann Biomasse am effizientesten genutzt werden.

Anti-Biogas-Bewegung

In vielen Dörfern gibt es inzwischen eine regelrechte Anti-Biogas-Bewegung. Oft wehren sich BUNDgruppen gegen die fortschreitende "Vermaisung" und damit Verarmung des Mosaikes unserer Agrarlandschaft. Die ungebremste Maisausweitung wird von vielen als eine Form der Versiegelung von Flächen bezeichnet.

Nicht Biogas, sondern "gute fachliche Praxis" ist das Problem

 

Bisherige Flächenanteile der nachwachsen­den Rohstoffe zur Biogas-Erzeugung, Quelle: Statistisches Bundesamt 2007

Aus Sicht des BUND ist nicht die Biogaserzeugung an sich das Problem, sondern mit welchen Rohstoffen Biogas erzeugt wird. Wir brauchen Biogas nach wie vor für die Energiewende. Die bestehenden Biogasanlagen in Deutschland produzieren bereits so viel Strom wie zwei durchschnittliche Atomkraftwerke. Noch gibt es gewaltige Reststoffpotentiale an Biomasse, die noch nicht zur Energiegewinnung genutzt werden. Zahlreiche verschiedene Anbaufrüchte wie Wildkräutermischungen und auch Grünland bringen beachtliche Mengen Biogas und können im Einklang mit umweltgerechter Landwirtschaft gewonnen werden.

Leider fehlen bisher verbindliche Vorgaben für die Fruchtfolge. Daher macht der BUND bei der EEG-Novelle 2011 und bei der anstehenden Agrarreform Druck für eine deutliche Verbesserung der "guten fachlichen Praxis" und der gesetzlich verpflichtenden Mindeststandards in der Landwirtschaft.

Bundesregierung: unverantwortliche Mehrfachverplanung unserer Äcker

Die Bundesregierung scheint das Problem zu ignorieren. Im Biomasseaktionsplan will sie die stoffliche Verwertung gewaltig ausweiten, die Energiegewinnung aus nachwachsenden Rohstoffen ebenso. Das Landwirtschaftsministerium setzt gleichzeitig auf den Ausbau der Fleisch- und Milchproduktion für den Export. Mit jährlich 10 Millionen Euro und erst kürzlich neu entsandten Agrardiplomaten will Agrarministerin Ilse Aigner in Ländern außerhalb der EU die Grenzen öffnen für Tiefkühl-Fleisch und Milchpulver aus deutschen Landen.

Der BUND sieht darin eine unverantwortliche Mehrfachverplanung der deutschen Agrarfläche und der Anbaufläche in den Ländern des Südens. Schon heute liegt die Futterfläche für unsere Intensivtierhaltung zu einem Fünftel am Amazonas und in anderen Weltteilen und verdrängt dort Lebensmittelanbau und Artenvielfalt. Daher steht die Wachstumsideologie der Agrarindustrie und der Bundesregierung im glatten Widerspruch zu den Nachhaltigkeitszielen der Bundesregierung wie etwa dem Schutz der Biodiversität.

In Ökobilanzen völlig unberücksichtigt bleibt die Ausbringung der Gärreste und die damit verbundene Belastung von Gewässern und Grundwasser.

Unberücksichtigt bleiben auch die Schäden, die durch Schwertragsporter mit 40 t und mehr bei den Wirtschaftswegen entstehen. Die Behebung der Schäden gehen auf Kosten des Steuerzahlers.

  

Foto gleiche Stelle - Schwertransporter und Wegschädigung - Lemgo Blomberger Weg

Fazit: Nicht Biogas ist der Feind der Vielfalt im Feld, sondern fehlende Umweltschutzregeln für die landwirtschaftliche Praxis.

Die Biogaserzeugung kann im Vergleich zu den anderen konventionell üblichen Investitionsvorhaben kurzfristig von Mais auf andere Rohstoffe umgestellt werden. Im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und in der Guten Fachlichen Praxis müssen verbindliche Fruchtfolgeabstände vorgegeben werden, so dass Mais höchstens alle drei Jahre auf einer Fläche wächst. Der Nawaro-Bonus muss abgesenkt werden und sollte nur bei einer Fruchtfolge von mindestens vier verschiedenen Feldfrüchten gewährt werden, um die Vorzüglichkeit von Reststoffen zu erhöhen. Gleichzeitig muss Biogas-Großprojekten, die auf Anbaubiomasse statt auf Reststoffen basieren, ein Riegel vorgeschoben werden.

Zudem brauchen wir eine Proteinstrategie mit dem Ziel, Import-Soja durch heimische Eiweißpflanzen zu ersetzen, wie das Europäische Parlament sie derzeit unter Beratung von FoEE und BUND diskutiert. Der BUND fordert dazu einen Anteil von 20 Prozent Eiweißpflanzen in der Fruchtfolge. Proteinpflanzen wie Ackerbohnen und Erbsen würden dann automatisch ein Mehr an Vielfalt auf die Äcker bringen – und dazu beitragen, den Regenwald zu schonen. Der Landschaftspflege-Bonus im EEG wird derzeit auch in Einzelfällen für den Maisanbau auf Naturschutzflächen gezahlt. Diese Praxis muss unverzüglich gestoppt werden.

 


 
Die EKD fordert in einer Stellungnahme zur Energiegewinnung aus Biomasse Ernährungssicherung vor Energieerzeugung. Die Studie steht als Download zur Verfügung: http://www.ekd.de/download/ekd_texte_95.pdf